22.07.2008

Lotte in Weimar [Review]

von Thomas Mann

Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich mich durch den Zauberberg geackert habe und es wird wieder ein paar Jahre dauern, bis ich das nächste Buch von Thomas Mann in die Hand nehme. Denn man kann zwar über seine sprachlichen Qualitäten nichts sagen, aber ich kann mit
dem Buch nichts anfangen.

Charlotte Kestner, das Vorbild für die Lotte in den Leiden des jungen Werther kommt nach Weimar und quartiert sich im Hotel zum Elephanten ein. Eigentlich will sie nur Verwandte in der Stadt besuchen, aber von Beginn an wird sie belagert von Literaturfreunden, Gaffern und
Prominentenjägern.
So kommt es, dass ihr verschiedenste Persönlichkeiten aus der Weimarer Society Gespräche aufdrängen, die sich um Literatur, Goethe, die Zeit nach Napoleon und die Personen aus Weimar drehen. So spricht sie unter anderem mit Goethes Sohn August und zum Abschluss des Buches auch mit Goethe selbst. Ansonsten passiert in dem Buch eigentlich nichts.

Wenn man an der Zeit, den Befindlichkeiten und natürlich an Goethe interessiert ist, hat man mit "Lotte in Weimar" wahrscheinlich ein ziemlich gutes Buch bei der Hand, Fantasyleser finden auch einige Zeilen über Elben und wer hohen Stil und jede Menge fast toter Wörter mag ist
hier richtig. Für den Rest ist das Buch ein Klassiker der übelsten Sorte.

Dabei will ich gar nicht mal sagen, dass es schlecht sei. Ab Seite 100 kommt man langsam in den Lesefluss und man muss sich auch nicht allzusehr quälen, bis man schließlich durch ist, aber trotzdem ist das Buch einfach lahmarschig. Es gibt zwar einen Spannungsbogen, der sich
aus Lottes unausgesprochener Hoffnung ergibt, Goethe noch einmal zu treffen, aber das ist nichts für Thriller-gestählte Leser, vor allem da die letzte Begegnung mit Goethe nur in Lottes Kopf stattfindet. (Ein Hoch auf die Sekundärliteratur, ich hätte das glatt verschnarcht und für bare Münze genommen...)

Mann hat das Buch 1936-39 geschrieben und das merkt man auch. Immer wieder klingt das "Deutsche Schicksal" und der unverständliche Judenhass an, den es schon lange vor den Nazis gab.
Eine Anekdote die Goethe von sich gibt, zielt direkt auf Hitler ab: Erst lässt er nebenbei verlauten, dass eine alte Weltbeschreibung die Deutschen als den Chinesen nicht unähnlich bezeichnet hat und dann gibt er ein chinesisches Sprichwort wieder, dass ein großer Mann ein Unglück für das Volk sei. Die Runde um Goethe lacht darüber, aber Lotte ist es bei dem Gedanken unwohl.

Thomas Mann hat sein ganzes Wissen und seine ganze Seelenverwandtschaft mit Goethe in das Buch gepackt, wie viel man davon brauchen kann muss jeder selber wissen.

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