15.01.2009
20.10.2008
Tipps für Lesungen
Aus aktuellem Anlass will ich euch an meiner nicht vorhandenen Weisheit teilhaben lassen was Lesungen anbelangt und dabei gleich von meiner Lesung am Wochenende berichten.
1. Vorbereitung. Findet heraus wo ihr lest und was euer Publikum sein wird. Idealerweise könnt ihr dann nämlich einen Text auswählen, der die Geschmäcker befriedigt. Traut euch ein wenig Lokalkolorit einzusetzen und mit den Wölfen zu heulen.
Egal welche Texte ihr lest, lest sie vorher für euch nochmal LAUT durch, besonders wenn ihr eine bestimmte Zeitvorgabe für die Lesung habt.
2. Lampenfieber. Ja, ein wenig Aufregung gehört mit dazu. Aber ich hab festgestellt, dass es besser ist, wenn man Freunde und Verwandte zu Hause lässt. Erstens um sich peinliche Momente zu ersparen und zweitens, weil man viel ruhiger ist, wenn man keinen dabei hat, der unbedingt Händchen halten will.
3. Gruppenlesungen. Lesungen mit mehreren können eine schöne Sache sein, oder auch total in die Hose gehen. Ich hatte Glück, denn außer mir haben Peter B. Heim, Jochen Servatius und Klaus Kuhn vom Münchner Merkur gelesen. Das Niveau war hoch, von Humor über Biografie bis abstrakter Lyrik war alles mit dabei und alle haben sich brav an die Zeitvorgabe von je 2 mal 10 Minuten gehalten.
4. Ablauf. Wenn die Leute Gelegenheit bekommen in der Pause zu gehen, dann machen sie es auch. Wollt ihr sie partout loswerden, füllt die erste halbe Stunde komplett mit Lyrik und macht dann die Pause. Wenn ihr wollt, dass die Leute bleiben, macht keine Pause und platziert euren Tisch direkt vor den Ausgang. Schaut böse auf, sobald einer auch nur zuckt.
Jeder der nicht in der vorgeschriebenen Pose eines Zuhörers einer Literaturlesung (Kinn aufgestützt, oder zumindest Zeigefinger an Wange oder Nase gelegt) verharrt ist verdächtig.
Egal wie der Ablauf ist: Ärgert euch nicht, wenn die Hälfte der Leute zwischendrin geht. Das ist völlig normal, zu Hause muss schließlich der Topf gefüttert oder die Katze vom Herd genommen werden. Oder so was in der Art.
5. Die Kleinigkeiten. Anfangs werdet ihr wahrscheinlich keine Gage bekommen. Macht nichts, ihr dürft zumindest nach einem Glas Wasser und wenn die Lesung vorbei ist nach einem Espresso, Kamillentee oder Obstler fragen. Was da angebracht ist kommt auf die Art der Lesung an.
Idealerweise dürft ihr am Ende eure Bücher signieren & verkaufen, wenn ihr noch nichts entsprechendes habt, nehmt unbedingt einige Visitenkarten o.Ä. mit, es wird immer Leute geben, die "auch Schriftsteller sind, aber in letzter Zeit kaum zum Schreiben kommen". Seid nett und versichert ihnen, dass ihr auch ganz arg unter Zeitmangel leidet und dass früher sowieso alles besser war.
Wenn andere Autoren anwesend sind, tauscht euch mit denen aus. Vor allem wenn sie euch unverblümt ihre Meinung über euch und euer Geschreibsel sagen. Von denen könnt ihr dann nämlich noch was lernen.
Wenn Repräsentanten der örtlichen Kultur-Junta anwesend sind, dann gebt euch interessiert und findet heraus, wann und wo ihr als nächstes lesen könnt und ob es dann vielleicht Geld dafür gibt.
6. Das Wichtigste. Seid egoistisch. Wenn ihr auf einer Lesung eure Texte vortragt, dann macht ihr das nur und ausschließlich weil ihr eure Texte einfach geil findet und so sehr in den Klang eurer Stimme verliebt seid, dass ihr euch selbst sogar als Klingelton auf eurem Handy habt.
Alles drumherum macht auch eine Menge Spaß, ist aber optional.
7. Noch ein paar Kleinigkeiten. Versucht euch in eure Zuhörer hineinzuversetzen. Wenn ihr einen Ausschnitt lest, ist es vielleicht gar nicht so blöd, vorher ein wenig über die Figuren zu erzählen, wenn ihr was Lustiges lest, stimmt die Leute schonmal drauf ein. Oder denkt zumindest darüber nach.
Also mir haben meine Lesungen immer gefallen, und ich mochte die Leute, die dabei waren, auch wenn es nicht immer ganz danach klingt... ^__^
Update: Hier geht's zum Bericht der Moosburger Zeitung über die Lesung in der Kaffeemanufaktur. Wüsste zwar nicht, warum euch das interessieren sollte, aber man weiß ja nie...
06.03.2008
Ein Lolly für William Gibson
Irgendwie tut mir William Gibson leid. Nicht dass er einem wirklich leid tun müsste, aber wer ihn schon mal live auf einer mäßig interessanten Lesung wie der gestern in München miterleben konnte, weiß sicher was ich meine.
Da sitzt eine gebeugte Gestalt auf dem Podium, die aus Spitzwegs "Der arme Poet" entsprungen sein könnte (aber mit sündhaft teuren Klamotten) und versucht sich wach zu halten, während ein Schauspieler routiniert zwei übersetzte Kapitel aus seinem Roman "Spook Country" bzw. "Quellcode
" vorliest.
In den Zuhörerreihen vor allem junges Volk, vor allem Studenten, die wie ich gekommen sind, um William Gibson, den Autor von "Neuromancer", "Idoru
" und "Pattern Recognition
" zu sehen. Die, denke ich, vor allem gekommen sind, um die Legende William Gibson zu sehen und nichts anderes sehen wollen als diese Legende.
Ich habe keinen Beweis dafür, aber wenn während einer Lesung ständig auch an den Stellen gelacht wird, die überhaupt nicht lustig sind, dann beschleicht mich das Gefühl, dass in den Köpfen der Zuhörer ein Programm aufläuft, das nicht vom Autor übertragen wird, sondern schon vorinstalliert zur Lesung mitgebracht wurde.
Ich habe ihn gefragt, warum er begonnen hat zu schreiben und warum er heute schreibt. In der Antwort habe ich mich teilweise wiedererkannt:
Mit 14 Jahren war er der Überzeugung, dass es nichts cooleres gibt, als SciFi-Autoren und so wollte er auch einer werden. Aber mit 16 kam etwas entscheidendes dazwischen: Das wirkliche Leben. Und das hielt ihn auch in seinem Griff, bis er Mitte 20 als ewiger Student, der als HiWi ein kärgliches Zubrot verdiente, plötzlich feststellte, dass er jetzt endlich anfangen müsse etwas zu tun, um seine kreative Karriere zu starten.
Und er hatte Glück damit. Seine Geschichten wurden angenommen und durch einen glücklichen Zufall wurde er außerdem der Vater des Begriffes "Cyberspace."
Und so ist er dabei geblieben. Auch wenn sein anfängliches Genre, der Mainstream der Science Fiction seiner Meinung nach inzwischen fett und hässlich geworden ist, weil das Genre nostalgisch auf die gute alte Zeit zurückschaut, als es noch genügte Helden in ihren Raumschiffen zu den Sternen zu schicken.
Und so schreibt er auch keine Science Fiction mehr, liest sie noch nicht einmal und begnügt sich damit, die Neuerscheinungen anhand ihrer Cover zu beurteilen.
Deswegen sei es mir erlaubt auch ihn hier nur anhand seines Covers zu beurteilen und ein wenig zu bemitleiden.
Irgendwie bin ich neidisch auf William Gibson. Was kann man als Schriftsteller mehr erreichen, als zu den einflussreichsten Autoren der letzten Jahrzehnte gezählt zu werden? Was kann man mehr erreichen, als die menschliche Sprache mit einem neuen Wort und damit das menschliche
Denken mit einem neuen Konzept zu bereichern?
Da ist es kein Wunder, wenn man irgendwann müde und erfolgreich wird und die eigene Legende den Rest erledigen lässt.
Ich habe ihm am Signiertisch meinen letzten Lolly geschenkt...
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Labels: Lesung, München, Spook Country, William Gibson
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