09.11.2009

Was man als Schriftsteller mal getan haben muss: Wirf es ins Feuer

Wenn Du einen Ring zur Hand hast, der unsichtbar macht, dann wirf den ins Feuer, um in den Genuss elliptischer Poesie zu kommen, ansonsten tut es einfach mit einem Deiner Texte.

Alternativ tut es auch ihn von der Festplatte zu löschen, ihn in den Mixer zu stecken, ihn aufzuessen, oder was man sonst noch so machen kann, damit er weg ist, Hauptsache er ist weg.

Nimm was Schönes, Gutes und Fertiges und mach's kaputt.


Aber warum?!

Es gibt viele Gründe. Vielleicht gibt es keinen einzigen Grund der gut ist, aber es gibt viele Schriftsteller, die autoagressiv gegen ihre eigenen Texte gehandelt haben. Kafka verlangte von Max Brodt, dass der all seine Manuskripte nach seinem Tod vernichten sollte, um nur ein Beispiel von vielen zu nennen. Und wenn Du Dich in Deinem Freundeskreis umhörst, wirst Du bestimmt jemanden finden, der zumindest sein Tagebuch verbrannt hat, oder zumindest die alten Schulsachen.


Die Lust an der Zerstörung

Also setz Dich hin und schreib ein Opfer an die Musen. Schon allein um zu wissen, wie das ist. Behalte nichts zurück, gib Dich hin und lass einfach los. Schreib keinen Müll, der es wert ist verbrannt zu werden, sondern schreib etwas Bedeutendes. Etwas, das unwiderbringlich verloren gehen wird. Und dann sieh zu, wie es in Flammen aufgeht, wie sich das Papier in der Hitze windet und am Ende nur noch die Blüten der Glut über die Asche irrlichtern.

Lausche wie das Echo der brennenden Schriftrollen aus der Bibliothek von Alexandria nachhallt ...

Du wirst es wahrscheinlich nur einmal machen, denn es tut weh. Mal von der Verschwendung von Zeit und Talent abgesehen ist es nichts, was auf Dauer gesund wäre, aber ob Arznei oder Gift hängt von der Dosierung ab.

Die Ergebnisse werden sich nach einiger Zeit einstellen, wenn sich der Rauch verzogen hat. Du wirst merken, dass Opfer nicht ohne Grund in die menschlichen Kultur verwoben sind. Für alles was man gibt, erhält man etwas zurück.


Die Magie des Vergessens

Von hier ist es nur ein kleiner Schritt zu angewandter Magie. Zu einem Ritual, wie man es aus dem Umgang mit Sigillen kennt, nur in abgewandelter Form. Ich bin nicht sonderlich abergläubisch oder davon überzeugt, dass Magie funktioniert, aber dennoch bewirkt sie etwas und sei es, weil sie unsere Wahrnehmung verschiebt.

Als Schriftsteller sind wir mit jedem Satz, den wir schreiben dabei genau das zu tun: die Wahrnehmung verschieben, Gefühle und Gedanken zu manipulieren, die Realität auf ihren Platz irgendwo weiter hinten zu verweisen.


Jeder Text ist eine Nachricht. Und wenn Du sie in Rauch aufgehen lässt, wer weiß schon, wer Dich hören wird?


1 Kommentar:

Was ich so lese