17.12.2008

Agrippa [a book of the dead]

Nachdem ich über Agrippa (a book of the dead) gestolpert bin, weiß ich nicht, ob ich meine Meinung zu William Gibson revidieren soll, oder ob mich diese Entdeckung nicht eher noch darin bestätigen sollte, dass William Gibson ein Langweiler geworden ist.

Bitte korrigiert mich, aber sollte jemand, der Neuromancer, The difference engine, und - von mir aus auch - pattern recognition geschaffen hat nicht ein wenig mehr sein wie Warren Ellis oder Noam Chomsky und auch im Alter so richtig auf die Kacke hauen?

Als er zusammen mit Dennis Ashbaugh und Kevin Begos Jr. Agrippa konzipiert hat, hat er es zumindest noch drauf gehabt. Und das sage ich obwohl es sich um so was wie Poesie handelt und ich mit dem Inhalt des Ganzen auch nicht so viel anfangen kann.

Gibson beschreibt ein altes Fotoalbum seines Vaters (der Marke Agrippa), das manche Erinnerungen bewahrt hat, in dem aber auch viele Erinnerungen verloren gegangen sind, wie die Stellen, die mit weichem Bleistift geschrieben wurden. Und das Erinnerungen heraufbeschwört. An abgefeuerte Waffen und Veränderungen.

So weit so poetisch, so langweilig so gut. Gibsons Sprachkunst macht es zu etwas Lesenswerten, aber erinnernswert wird es erst durch seine Vergänglichkeit.

In seiner ursprünglichen Form spielte sich das Gedicht einmalig von einer 3,5 Zoll-Diskette ab, um sich danach unwiederbringlich selbst zu verschlüsseln. Das Buch, in dem es lag, war mit photosensitiven Chemikalien behandelt, sodass auch das Papier nach einiger Zeit alle Zeichen verlor.

Zurückgeblieben wäre nur die Erinnerung daran...

Das ist natürlich gewaltig in die Hose gegangen (siehe "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit").
Als Agrippa am 9. Dezember 1992 zum ersten Mal vorgeführt wurde, hat natürlich jemand mitgefilmt. Das Abschreiben und Publikmachen war dann nur noch Konsequenz.

Also kann jeder Agrippa auf Gibsons Seite lesen.

Der Idee des Gedichts, das Selbstmord begeht, tut das allerdings keinen Abbruch.

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