14.11.2008

Seid nett zu euren Schriftstellern

Ja, die Zeiten sind schlecht. Die Zeiten waren schon immer schlecht. Aber das macht gar nichts, so lange wir uns nicht von ihnen nicht auch schlecht machen lassen.

Liebe Gemeinde...

Nein, ich fange jetzt nicht an zu predigen, obwohl ich nicht übel Lust dazu hätte.

Die riesige Armee der abgelehnten Schriftsteller kennt das Problem gegen Windmühlenflügel anzurennen und nicht zu wissen, was mit nichtssagenden Absagebriefen anzufangen ist.
Was wollen diese verflixten Verlage? Wie muss man schreiben, um Gnade zu erlangen? Die einfache Antwort: Man muss so schreiben, dass man viel verkauft. Ob man gut schreibt oder zu einem Thema schreibt, das gerade Mode ist, oder ob man einfach nur einen bekannten Namen, ein hübsches Gesicht oder Eltern hat, die einem eine Lesetournee durch die USA spendieren ist dabei völlig egal.

Gut, es gibt noch ein paar Deppen Idealisten, die es irgendwie schaffen, unabhängig zu bleiben und ihren Nacken frei zu halten von den Paladinen der Rentabilität und Messbarkeits-Trollen, aber die sind ungefähr so zahlreich, wie Home-Trainer in Hobbit-Höhlen. Meist findet man sie in kleinen Verlagen.

Sie haben einen Vorteil: Sie können sagen, ob ein junger Autor gut ist, oder nicht, während die großen Verlage meist nach der alten Wetter-Faustregel gehen, dass man oft richtig liegt, wenn man behauptet, dass das Wetter morgen so wird, wie es heute auch war. Ein erfolgreicher Autor wird, sobald er eine kritische Masse erreicht hat, weiter erfolgreich sein während jemand, dessen letztes Buch ein Flop war, abgeschrieben ist, weil zu teuer. Wie gesagt: Die Zeiten sind hart und so werden auch die Menschen härter.

Ich will den schwarzen Peter nicht den großen Verlagen zuschieben und die kleinen zu Helden hochstilisieren (aber sie sind meist Helden); in beiden gibt es fähige Leute, die gute Arbeit zu schätzen wissen und andere, die einen Blindtext nicht von einer Blindschleiche unterscheiden können.

Schuld daran ist eigentlich niemand so richtig. Aber damit leben muss man deswegen nicht.
Es ist wie die Wahl zwischen Supermarkt und Wochenmarkt, zwischen global und lokal. Um global kommt man nur mit einigen Verrenkungen rum und es wäre naiv jemandem nahelegen zu wollen auf die großen zu verzichten, nur weil sie zufälligerweise in den USA, England oder sonstwo leben.

Aber es genügt schon die Augen offenzuhalten, was vor der Haustür wächst. Meist ist der größte Unterschied zwischen einer Schriftstellerlegende wie Tolkien und Herrn Müller von nebenan nur die Legende. (Ich seh da schon wieder Steinewerfer in den letzten Reihen. Nein, ich will euch den ollen Professor T. nicht madig machen... ^__^)

An so einem Nimbus aus vorgegebenen Meinungen ist nichts verkehrt, er gibt einem Buch oder einem Schriftsteller eine weitere Ebene (P. K. Dick währe ohne all die dubiosen Geschichten um seine Person herum nur halb so lustig zu lesen ), aber nur weil ein Typ oder eine Typin als Angestellte in einer Bank arbeitet oder euch in der Mittagspause einen Burger in die Hand drückt bedeutet nicht, dass sie nicht lesenswert sind.

Ihr seid diejenigen, die die Geheimtipps von morgen entdecken oder bereits entdeckt haben. Ihr seid diejenigen, die den Unterschied ausmachen können, ob ein junger Autor frustriert das Handtuch wirft, oder weiter gute Literatur produziert.

Traut euch Lieblingsbücher und -autoren zu haben, die keine Sau kennt und traut euch vor allem ab und zu mal "Danke" zu sagen und "Ich find Dich gut, wo kann ich mehr von Dir lesen?"

Liebe Gemeinde, jetzt ist doch eine Predigt daraus geworden und ich entschuldige mich dafür.

Ach was, ich entschuldige mich überhaupt nicht dafür, das musste einfach mal gesagt werden!

1 Kommentar:

  1. Du sprichst mir aus der Seele. Es ist schwer gegen die gängigen Trends anzukommen.

    Die Buchbranche erinnert mich mehr und mehr an die Musikindustrie, die auch nur auf nach schnellen und billigen Trenden zu gehen scheint.

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