19.11.2008

Das Schwert im Herzen tragen

Ich bin eigentlich überhaupt kein Vereinsmensch. Zumindest halte ich mich nicht dafür. Wenn ihr anderer Meinung seid, sagt es mir ruhig.
Deshalb kann ich mir es auch nicht so richtig erklären, dass ich plötzlich Pressemitteilungen schreibe, eine Zeitung Chef-redakteuriere und Leute frage, ob sie an diesem oder jenem Tag noch Zeit für eine Veranstaltung haben. Arrrgh! Ich hab doch keine Zeit! Ich muss doch Bücher schreiben!
Aber eine alte Weisheit sagt, dass man wenn man etwas lernt, meist auch noch etwas ganz anderes lernt und außerdem macht es Spaß, Spaß mit Leuten zu haben.

Jetzt werdet ihr euch fragen, von was der Kerl da überhaupt spricht und ich will euch nicht länger auf die Folter spannen: von der Modernen Schwertkunst.

Hä?

Nachdem ich vor 3 Jahren aus Regensburg weggezogen bin und somit auch nicht mehr beim Hochschulsport Capoeira machen konnte, habe ich mich nach einer neuen Sportart umgeschaut und bin auf MSK gestoßen.

Es kann mir niemand übel nehmen, dass ich die Jungs und Mädels nachdem ich 3 Jahre lang 2mal die Woche 2-3 Stunden Capoeira gemacht habe, nicht ganz ernst genommen habe, zumal mir die Mischung aus historischen europäischen Kampfkünsten und asiatischen Einflüssen ein wenig seltsam vorkam.

"Ritterschwert goes Kung Fu"? Klingt gut, aber geht das denn?
Mittlerweile bin ich fast drei Jahre dabei, habe im Sommer die Prüfung zum zweiten Grad gemacht und fühle mich so wohl wie ein Fisch im Wasser. Ja, das geht sehr wohl, finde ich.


Was natürlich in erster Linie daran liegt, dass ich mich mit den Leuten, die MSK machen, gut verstehe. Die Sportart ist jung und auch wenn es immer wider Leuten zu viel wird und sie aufhören, triefen der Enthusiasmus und die guten Ideen aus allen Poren.

Letztes Jahr war das Motto auf unseren Jahres-Shirts "Spaß mit Leuten" und Spaß haben wir jede Menge. Leute auch.

Nicht dass wir nicht ernsthaft trainieren und neue (alte) Techniken entwickeln würden, aber bis jetzt zeichnen sich Schwertkünstler vor allem auch dadurch aus, dass sie so vierschieden sind und so unterschiedliche Einflüsse wie Capoeira, Tai Chi, Physiotherapie, Meditation, Ringen, Lord of the weed und Cha-Cha-Cha mit in die Turnhalle bringen.


Im Jugendtraining sind Knirpse, die kaum das Holzschwert halten können und am anderen Ende der Skala wird gerade über ein eigenes Senioren-Training nachgedacht...

Spannende Sache einer neuen Sportart beim Entstehen zusehen zu können.
Den ersten und wahrscheinlich wichtigsten Teil hab ich dabei leider verpasst: die Gründung des Verbandes für Moderne Schwertkunst in Bayern (VMSB) und der zähe Kampf gegen die Bürokratie, der teilweise immer noch nicht abgeschlossen ist.

Aber immerhin: Moderne Schwertkunst ist staatlich als Sportart mit dem Ritterschwert anerkannt. Etwas, das uns von allen anderen Schwertkampfgruppen in Deutschland und vielleicht Europa unterscheidet.
Ob man darauf stolz sein kann, weiß ich nicht, aber es passt ins Bild.
MSK'ler behaupten nicht, nach der reinen Lehre des Mittelalters zu leben, die wahrscheinlich sowieso in weiten Teilen unwiederbringlich verloren ist und sie wollen auch nicht zusammenstückeln, wozu sie gerade Lust haben.

Das Ziel ist es, Techniken zu entwickeln, die sowohl effektiv sind, als auch in sportmedizinischer Sicht unbedenklich.

Klar, bin ich da jetzt nicht objektiv und ich würde auch gerne die Brandreden derer hören, die absolut gar nichts von MSK halten, aber wenn man etwas nach seinen Früchten beurteilen soll, dann sieht es für die Moderne Schwertkunst gar nicht schlecht aus. Rund um München gibt es inzwischen einige Schulen mit steigender Tendenz und auch über Bayern hinaus gibt es die ersten Vereine, die die Sportart anbieten.


Wir haben unser Repertoire an Techniken, sind dabei unsere eigene Schutzausrüstung zu verfeinern und bisher hat sich noch niemand im Training ernsthaft verletzt. Vor allem das letzte soll uns erst mal einer nachmachen.

Und nicht zu vergessen: MSK kann jung und alt, Frauen und Männer, sportlich oder nicht sportlich, Ästheten und Kämpfer von sich überzeugen.

MSK hat sogar mich überzeugt, nachdem ich mir das zwei oder drei Übungseinheiten lang angesehen habe! Und wenn ich jetzt in meinen Texten über einen Schwertkampf schreibe, dann weiß ich, was ich da schreibe. Man lernt, wenn man lernt immer auch etwas anderes.

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