17.09.2008

Schlaf

Wir leben in Deutschland in einer Gesellschaft, in der sich ein monophasischer Schlaf durchgesetzt hat.

Der deutsche Michel setzt seine Schlafmütze auf, schnarcht um die 7 Stunden lang und steht dann wieder auf. Für Unterbrechungen der Nachtruhe ist er meist wenig aufgeschlossen.

In Spanien, um nur ein Beispiel zu nennen, ist das anders. Dort schläft man bi-phasisch, d.h. zur späten Nachtruhe gesellt sich eine entspannende Siesta hinzu. Gesellschaften mit mehr als zwei Schlafphasen sind eher ungewöhnlich, aber es gibt sie und man kann überall Menschen antreffen, die sich ihren eigenen Schlafrhythmus gesucht haben. Gewöhnlich in der Mittagsschläfchen-Variante, aber es gibt auch ehrgeizigere Projekte.

Wissenschaftler haben in einem Experiment herausgefunden, dass die innere Uhr des Menschen nicht genau mit den 24 Stunden des Tages übereinstimmt und dass auch der Schlafrhythmus nicht festgelegt ist. Der sogenannte circadische Rythmus bei Menschen beträgt ungefähr 24 Stunden und 11 Minuten. In einem Raum ohne natürliches Licht und ohne Zeitmesser begann ein Teil der Versuchspersonen in 48-Stunden Tagen zu leben, d.h. sie schliefen ca. 16 Stunden und waren danach 32 Stunden wach.

Auch das Gegenteil ist möglich: Dr. Claudio Stampi, ein Forscher auf dem Gebiet der Chronobiologie und begeisterter Segler trainierte sich an, täglich nur insgesamt 3 Stunden zu schlafen, verteilt auf kurze Nickerchen. So konnte er sein Boot auf Langstreckenrennen im Alleingang manövrieren.

Eine andere Methode ist den Tag in 4-Stunden-Blöcke aufzuteilen, an deren Ende jeweils 20 - 30 Minuten geschlafen wird. Die nur 3 Stunden Schlaf sind kein Problem, aber polyphasischer Schlaf verträgt sich nicht mit einer monophasisch schlafenden Gesellschaft, weshalb solche Experimente meist nicht von Dauer sind. Napoleon und Churchill wird übrigens Polyphasenschlaf nachgesagt.

Warum Lebewesen überhaupt schlafen, ist noch immer nicht ganz geklärt. Es sind auch Fälle von Menschen bekannt, die gar nicht schlafen und sich trotzdem bester Gesundheit erfreuen. Auch Schlafentzug hat nicht unbedingt gravierende psychische und physische Auswirkungen. Die Leistungsfähigkeit sinkt, aber man stirbt nicht daran, wie Experimente bewiesen haben und wie die meisten aus eigener Erfahrung wissen. Tony Wright hält seit 2007 den aktuellen Rekord mit 266 Stunden (ca. 11 Tage) Wachsein am Stück.

Vielleicht ist die eigentliche Frage auch gar nicht, warum wir schlafen, sondern warum wir wach sind. Evolutionär gesehen lohnt sich das Wachsein kaum. Wer wach ist, verbraucht viel Energie, muss sich deswegen Nahrung suchen und wird dabei selber zur Nahrung. Koalas kommen mit 4 Stunden Wachsein am Tag aus, Faultiere mit 8.

In dem Sinne: Schlaft gut!

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