20.09.2008

Weil er da ist...

Alles was der Mensch manchmal braucht, ist eine Fackel und eine Burg die er stürmen kann. Oder anders ausgedrückt: Einen Grund und sei er noch so fadenscheinig.

Edmund Hillary (anderen Quellen zufolge auch George Mallory) hat auf die Frage, was für einen Grund er hatte, auf den höchsten Punkt der Erde zu steigen, einfach geantwortet: "Weil er da ist."

Und ich kann mir auf die Frage, warum man sich selbst in den Hintern treten sollte, um ab und zu was auszuprobieren, auch keine bessere Antwort denken.

Man kann mit was völlig harmlosen anfangen, wie sich einen Bart wachsen zu lassen. Und wenn man's richtig machen will, dann so wie Jon Dyer, der nach und nach JEDE Art von Bart ausprobieren möchte und schon einiges durch hat: Vom Chaplin-Bärtchen über den "Klingonen" bis zum Vollbart.

Einen Bart hat sich Emily Jenkins nicht wachsen lassen, aber sie hätte es bestimmt getan, wenn es ihr möglich gewesen wäre.
In Tongue First: Adventures in Physical Culture (Zunge zuerst: Erlebnisreisen in Begleitung meines Körpers) beschreibt sie, was man so alles mit seinem Körper anstellen kann und was besser nicht. Wie es zum Beispiel ist, wenn man sich als Frau eine Glatze rasiert oder was man erlebt, wenn man sich rolfen lässt. Das Buch hat mich ziemlich beeindruckt und ich finde es schade dass Emily Jenkins in diese Richtung nie weitergeschrieben hat. Sie hat sich mehr den Kinderbüchern verschrieben.

Mein persönlicher Held ist momentan Sean Aiken, der www.oneweekjob.com ins Leben gerufen und ein Jahr lang jede Woche einen anderen Job ausprobiert hat. Vom Pizzabäcker bis zum Bürgermeister war alles mit dabei. Momentan schreibt er an einem Buch über diese Erfahrung und ein Freund von ihm stellt einen Film zusammen.

Und dann gibt es noch A. J. Jacobs, der mal eben die Encyclopaedia Britannica von A-Z gelesen hat und als jüngstes Projekt ein Jahr lang versucht hat, nach allen Regeln der Bibel zu leben - und das als Magazinjournalist in New York. Er hat sich einen Bart stehen lassen, nur Kleidung aus unvermischten Fasern getragen und hat sogar versucht, Ehebrecher zu steinigen.

Der Trick dabei ist nicht nur die Sache durchzustehen, sondern auch noch das Talent zu haben anderen damit nicht auf die Nerven zu gehen, sondern sie zu unterhalten, wenn nicht sogar zu inspirieren. Was ist schwieriger? Die E. B. durchzulesen oder daraus ein unterhaltsames Buch zu machen?

Und damit sind wir nur an der Oberfläche der Sache. Gut, Emily Jenkins hat versucht, mehr über sich selbst herauszubekommen, aber sie ist ein Amateur im Vergleich zu Leuten wie Steve Pavlina.

Ehrlich gesagt ist mir Steve Pavlina ein wenig unheimlich. Wahrscheinlich ist er ein Alien, das ein wenig Spaß auf der Erde haben will, so wie in dieser Folge von Akte X in der das Team der Rosswell Greys aus Außerirdischen bestand, die heiß auf Baseball waren.
Steve ist im Moment auf dem Rohkost-Trip und er hat schon alles Mögliche ausprobiert vom Polyphasenschlaf bis zum Erkennen des Sinn des Lebens (Geht ganz einfach: Mach eine Liste mit Vorschlägen und wenn Du nach ein bis zwei Stunden anfängst zu heulen hast Du Deinen Sinn des Lebens gefunden). Und er ist nur eine der Gestalten, die sich auf dem Feld des Self Improvement tummeln.

Wenn man erst einmal die erste Hemmschwelle überwunden hat, erkennt man erst was alles möglich ist. Zum Beispiel Abt eines japanischen Klosters zu werden.

Olaf Nölke sieht auf den ersten Blick nicht so aus, als würde er nichts lieber tun als 15 Stunden nur dazusitzen und zu meditieren, aber er macht es und zwar als neunter Abt von Antaiji.

http://de.wikipedia.org/wiki/Antai-ji


Wie komme ich überhaupt auf das Thema? Ich komme darauf weil ich kurz davor bin, dass mein Traum Nr. 1 in Erfüllung geht:
Mitte Februar 2009 wird "Alice on Speed" offiziell lieferbar sein - pünktlich zu meinem Geburtstag. Und damit bin ich dann offiziell und ohne wenn und aber Schriftsteller. Ein Ziel wird es immer bleiben, das nächste Buch herauszubringen, aber ich bin nicht so produktiv wie Asimov (mehr als 500 Bücher) oder Honoré de Balzac (er schaffte immerhin 91 von geplanten 137 Romanen und Erzählungen der "Menschlichen Komödie") und halte mich auch nicht für einen Anwärter auf den Literaturnobelpreis.

Ich will also was Neues ausprobieren, aber da ich ein Spätzünder bin und sowieso zu moralisch und langweilig, scheiden Drogenexperimente und wilder Sex vor laufender Kamera schon mal aus. Jobs auszuprobieren wäre schon mal ein guter Anfang, vor allem weil mir das nicht nur was über die Jobs und mich selbst beibringen könnte, sondern vor allem auch über die leidigen Geld- und Steuerfragen.

Irgendwas, das mit Literatur zu tun hat liegt natürlich nahe. Es würde mich reizen zu versuchen das Nibelungenlied auswendig zu lernen. Die ersten paar Strophen hab ich schon geschafft, bevor wieder was anderes, neues, spannendes dahergekommen ist.

Aber vor allem wäre es - egal für was ich mich schließlich entscheide - eine Reise zu einem besseren Schreiben. Besser nicht unbedingt von Stil her oder von den Gags. Ich halte mich nicht für einen Komiker und ich hab auch keine Lust es auf Biegen und Brechen zu versuchen. Aber besser weil anders und vielseitiger. Man wächst mit seinen Aufgaben und wenn die Aufgabe groß ist dann wächst man folglich ziemlich oder muss sich eingestehen, dass nach 1,70 m einfach Schluss ist.

In dem Sinne: Vorschläge werden dankend entgegengenommen.

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