Im nachhinein muss ich zugeben, dass ich ein wenig verrückt bin, aber das habe ich vorher auch schon gewusst. Da fahre ich von Moosburg bis nach Göttingen, nur um mich massieren zu lassen und Danielewski im Rahmen des Göttinger Literaturherbstes lesen zu hören und ein wenig mit ihm zu reden.
Ich halte mich ja normalerweise nicht für einen Menschen, der zu so was neigt, aber hier muss ich einfach zugeben, dass ich ein Fan von Danielewski bin.
Aber der Reihe nach. Die Lesung hat Abends begonnen, aber Anja und ich waren natürlich schon viel zu früh da und sind auch in den großen Saal ins Rathaus reingekommen. Da konnten wir gerade mal die bemahlten Decken und Wände bewundern, als auch schon Danielewski hereingekommen ist und man uns höflich wieder hinausgebeten hat. Also noch mal eine kurze Runde durch die Stadt und dann brav angestellt wie alle anderen auch.
Ich glaube, wenn ich mir das Publikum so angesehen habe, dann war ich der einzige Fan - vielleicht mal abgesehen von dem Professor (?) der durch den Abend geführt hat. Und so hat der Buchladen, der seinen Tisch aufgebaut hatte ein gutes Geschäft gemacht, denn die meisten mussten sich House of leaves erst mal kaufen. Ich hatte natürlich alles dabei, was ich von Danielewski hatte, mir fehlt nur noch "The fifty year sword". Nachdem es per Versand nicht mehr lieferbar war, habe ich es mir jetzt teuer bei ebay gekauft. Was tut man nicht alles...
Jedenfalls hat zuerst Christa Schuenke, die Übersetzerin zwei Stellen aus dem Buch vorgelesen (Die SOS/Fuck - Fussnote und Tom's Geschichte), dann Danielewski zwei Stellen (Minotaurus und die Geschichte des untergehenden Schiffes).
Er hat das vom Pult aus gemacht und während er nach vorne trat und angekündigt hat, dass er jetzt diese und jene Fussnote lesen wird ist mir mit einem Mal aufgegangen, welchen Sinn Lesungen haben. Lesen können wir schließlich alle selber und die Stimme des Autors oder seine Meinungen zum Buch kann man in einem Interview auch einfacher bekommen. Aber eine Lesung ist wie ein Gottesdienst. Die Gemeinde versammelt sich, um den Worten des Meisters zu lauschen und etwas von seinem göttlichen Emanationen mitzubekommen.
Mir gings zumindest so, gebe ich offen zu. Er hätte auch aus einem Kochbuch vorlesen können und ich wäre glücklich gewesen...
Danach bei der Fragerunde hab ich dann gefragt, was vor House of leaves gekommen ist und er hat eine kleine Kindheitsgeschichte erzählt. Eigentlich wollte er schon immer Schriftsteller werden und hat als 9-Jähriger oder so seinen Eltern kund getan, dass er von nun ab jeden Tag eine Seite schreiben will. Das hat er dann auch getan und seine Eltern waren begeistert. Bis sie herausgefunden haben, dass er nicht etwa über "Hobbits und geflügelte Wesen in den Wolken" schreibt, sondern ein Buch mit dem Titel "Hellhole" in dem es um einen Sohn reicher Eltern geht, der im Drogensumpf untergeht.
Die Schule hat Danielewski dafür genützt sich auf dem Gebiet des Schreibens weiterzubilden und herauszufinden, was es schon gibt, und wie man darüber hinaus gelangen kann. Und natürlich hat er wie sich das für einen anständigen Schriftsteller gehört auch noch alles mögliche andere gemacht. Er war zum Beispiel im "Hollywood plumbing team" hat mehr schlecht als Recht Toiletten installiert und solche Sachen. Aber daneben hat er House of leaves auf seine Webseite gestellt (was damals noch eine kleine Herausforderung war) und hat dafür Visitenkarten gedruckt, die er in andere Bücher gesteckt hat. Und so wuchs langsam die Aufmerksamkeit...
Er hat 10 Jahre an dem Buch geschrieben und Christa Schuenke hat eineinhalb Jahre daran übersetzt. Und ich muss hier mal eine Lanze für Übersetzer brechen. Bestenfalls nimmt man sie nicht wahr, schlimmstenfalls fallen einem ihre Fehler auf, aber obwohl sie die Bücher, die sie übersetzen eigentlich neu schaffen müssen, bekommen sie nichts vom Ruhm ab. Und viel weniger vom Geld. Ich kenn mich da nicht so gut aus, aber Christa Schuenke hat gesagt, dass sie einen Kredit aufnehmen musste, um über die Runden zu kommen, während sie House of leaves übersetzt hat. Mutig.
Und dann kommen so Leute wie ich, die mit strahlenden Augen vor dem Autor stehen und sie keines Blickes würdigen...
Aber es war ein gutes Gefühl.
Und wenn Danielewski wieder in Deutschland ist und ich es einrichten kann bin ich wieder dabei.
Dann mit "The Fifty Year Sword"
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Ich hoffe, Du kommst dann auch angerauscht, wenn mein erster Roman zur Vorstellung ansteht. Ich werde dann so etwa 80 sein und aussehen wie Martin Walser, Du hingegen ... lass mal sehen ... ha, erst 66!
AntwortenLöschenGrüße und weiter mit diesem Enthusiasmus.
Ach, wissen Sie, das ist ja auch nicht das vornehmste Ziel von uns Übersetzern, neben unseren Autoren zu sitzen und von den Lesern eines oder mehrerer Blicke gewürdigt zu werden. Wir freuen uns viel mehr darüber, wenn wir überhaupt bemerkt werden, und allein schon die Einladung, mit dem Autor zusammen reisen und lesen zu dürfen, ist eine Form der Beachtung, die leider nur den wenigsten Übersetzern zuteil wird. Frustrierend ist nicht, dass man uns so selten wahrnimmt, denn es liegt nun einmal in der Natur der Sache, dass die beste Übersetzung die ist, bei der man den Übersetzer gar nicht merkt. Frustrierend ist neben der Tatsache, dass so viele hervorragende Übersetzer anspruchsvollster Literatur von ihrer Arbeit kaum leben können, genau das, was Sie schreiben: Jeder dahergelaufene Kritikus (womit ich nichts gegen die Zunft der seriösen Rezensenten gesagt haben will) kann sich mopsig machen und uns erklären, wie wir unseren Job zu machen haben, kann rundheraus behaupten, dass der Übersetzer auf der 3. Seite (weiter als bis zur dritten haben viele Kritiker die Übersetzung nämlich nicht mit dem Original verglichen) ein Wort falsch übersetzt habe und daher die ganze Übersetzung nichts tauge. Dass sich der Kritikaster selbst geirrt haben könnte, dass vielleicht nicht die erste im Wörterbuch verzeichnete Entsprechung die adäquate sein könnte, sondern eine, die evtl. gar nicht im Wörterbuch steht, kommt ihnen nicht in den Sinn, und das wirklich Traurige ist: die Öffentlichkeit hört beim Kritiker auf. Wir Übersetzer haben kein Forum, um die Irrtümer solcher fahrlässigen Kritiker zu korrigieren. Und so gerät bisweilen mit einem Federstrich oder Tastenschlag meine ganze Zunft in Verruf.
AntwortenLöschenNicht minder traurig ist es, dass wir Übersetzer so oft gar nicht genannt werden. Da wird ein Buch besprochen, dass wir übersetzt haben, es wird in der Besprechung umfangreich aus der Übersetzung zitiert, die wunderbare Sprachkunst des Autors wird gerühmt, nur was weiß etwa der des Katalanischen nicht mächtige Kritiker von der Sprachkunst des Autors? Was er gelesen und was ihn begeistert hat, das war die Sprachkunst des Übersetzers.
Aber trotzdem danke!
Hier ist ein Video zur Lesung:
AntwortenLöschenhttp://www.danielewski.de/
Ich fürchte, das Buch muss ich haben ... *seufz*