inklusive einiger Dutzend Meilen in Nordirland
oder:
Auf der grünen Insel gibt es wirklich keine Schlangen
Kurzfassung:
Irland ist das Land der Palmen und des strahlenden Sonnenscheins, der Straßenschäden, des Torfgeruchs und der Schönheit der Enten. Es gibt dort weder Schlangen noch Klobürsten.
Langfassung:
Irland. Das klang für mich nach Kerrygold, Feenwesen, Guinness und Leuten mit orangenen Haaren. Es wurde also Zeit diese Klichees über Bord zu werfen und sich das Land mit eigenen Augen anzuschauen.
Und beinahe wäre das Über-Bord-werfen wörtlich zu verstehen gewesen, denn über dem modernen Massentransport schwebte immer noch mal mehr mal weniger die Vulkanaschewolke. Schon im Bus zum Flughafen MUC FJS kroch die Nachricht über den Ticker, dass einige Flughäfen in Irland gesperrt sind und nach dem Einchecken haben wir ein Pärchen getroffen, dass theoretisch schon seit zwei Tagen unterwegs war, aber wir waren nicht aufzuhalten.
1. Station: Dublin
Eine erste Rundfahrt hat uns gezeigt, dass Dublin von den Einheimischen (oder zumindest den Busfahrern) mit langem U, wie in Gummi ausgesprochen wird und dass hier weder von Vulkanasche noch von Wolken auch nur das Geringste zu sehen war. Dafür viel vom Book of Kells, der Bibliothek im Long Room, und dem Phoenix-Park mit Nelson-Obelisk und Rotwild.
Bei Molly Malone (liebevoll "The tart with the cart" genannt) vorbeizuschauen ist natürlich obligatorisch, vor allem weil die Tourist-Info gleich um die Ecke ist, aber es lohnt sich auch einen Blick auf die jungen Damen zu werfen, (In Dublin's fair city, where the girls are so pretty ... ja ja, stimmt schon, ohne damit anderen Städten zu nahe treten zu wollen.) die sonst so unterwegs sind.Oder die jungen Herren, je nachdem auf was man steht (Dublin ist gay-friendly und es fand grad ein Gay-Festival statt). So viel Dekolletee wie bei Molly ist zwar selten auf den Straßen, dafür ist es aber momentan Mode, keine Hosen anzuziehen. Strumpfhosen / Leggins oder wie man die Dinger nennt und ein Pullover reichen völlig scheints.
Dergestalt abgelenkt sind wir mehr oder weniger zufällig ins National Leprechaun Museum gestolpert, wo sich zum ersten Mal bewahrheitet hat, dass es in Irland keine Schlangen gibt - am allerwenigsten vor Sehenswürdigkeiten. Wir hatten fast ein wenig Angst reinzugehen. Irlands Tourismusbranche scheint's gerade nicht besonders zu gehen, wenn Ihr also in Bälde hinfliegt, habt ihr das Land quasi für euch allein. Im Leprechaun-Museum gibt es zwar nicht viel zu sehen, aber was es zu sehen und zu hören (von echten Erzählern) gibt, hinterlässt Eindruck. Und für die Glücksmünze hat es sich allemal gelohnt. Von der mythischen Geschichte des Landes erfährt man erstmal nur, dass ständig neue Volksstämme nach Irland gekommen sind (die Fir Bolg, die Tuatha Dé Danan und irgendwann die Touristen) und es gar nicht so einfach ist, das alles auf die Reihe zu bekommen. Puuhh...
Wer es ein wenig einfacher möchte sollte sich in der Christ Church Cathedral die mumifizierten Überreste einer Ratte und einer Katze anschauen, die man in einer Orgel gefunden hat:
Einmal über die Straße hinweg findet man den Eingang zur Dublinia, einem Museum, dass sich mit der Historie Dublins beschäftigt. Es ist eher auf Familien ausgelegt, also kann man alles Mögliche hochklappen, abpausen, anziehen und seine Nase reinstecken. Aber man hat vom Turm aus auch einen guten Rundumblick über die Stadt.
Zur Erholung waren wir danach noch im St. James Park, wo es neben Oskar Wilde auch eine Statue der drei Schicksalsgöttinnen zu sehen gibt, die Deutschland Irland dafür geschenkt hat, dass das Land nach dem 2. Weltkrieg deutsche Kinder bei einheimischen Familien untergebracht hat. Eine Handvoll wurden sogar adoptiert und sind in Irland geblieben.
2. Station: Wicklow Mountains
Ich habe mich geistig versucht darauf vorzubereiten wie es ist, auf der "falschen" Seite zu fahren, aber eine Bus-Tour ist dafür wahrscheinlich einfach nicht geeignet, denn Busfahrer scheren sich wenig um Verkehrsregeln oder Physik. Sie treten aufs Gas und kommen an. Und reiche Brauereibesitzer scheren sich wenig um Mühe und Kosten, wenn sie ihrer frisch Angetrauten eine Freude machen wollen. Um dem See, der oben zu sehen ist, das Aussehen eines Glases voll Guinness zu verpassen, wurde eigens aus den USA weißer Sand importiert, um die Schaumkrone richtig hinzubekommen. Ach ja: Ein Ferienhaus steht auch daneben, in dem u.a. schon Michael Jackson gewohnt hat. Ansonsten ist die Gegend eine einzige Filmkulisse. Braveheart, Reign of Fire und so weiter und so fort. Kein Wunder, dass es in der Nähe auch einen Ort Namens Hollywood gibt (in Belfast übrigens auch). Und wenn wir schon bei Orten sind: Ich hab nicht nachgezählt, wie oft es in Irland "Kells" gibt. Das mit dem Buch ist jedenfalls ein Stück nördlich von Dublin.
3. Station: Glendalough
Hochkreuze und Überschwemmungen, Trockenheit und Daniel Day-Lewis. Der Klimawandel macht auch Irland zu schaffen, egal ob hier bekannte Schauspieler wohnen oder nicht. So trocken wie in diesem Jahr war es schon lange nicht mehr, bis plötzlich alles auf einmal runter kam, beinahe den Friedhof von Glendalough platt machte und einige Dörfer überflutete. Auch der vergangene Winter war so hart wie seit Menschengedenken nicht mehr. In einem Land, wo es weder Schneeketten noch Räumfahrzeuge gibt (zumindest nicht genug), geschweige denn Gips für all die Dubliner, die sich den Arm oder ein Bein gebrochen haben ist es kein Wunder, dass einige Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten wurden, obwohl sie nur ein paar Kilometer von der nächsten Ortschaft entfernt liegen. Als Tourist bekommt man davon nicht viel mit, außer man mietet sich ein Auto und fährt einfach mal los. Aber dazu gleich mehr. Hier erst noch irische Baukunst in voller Pracht:
4. Station: Die Straßen Irlands
Linksverkehr? Gewöhnt man sich dran, auch wenn man in einem Kreisverkehr manchmal nur reinfahren und abwarten kann, was passiert. Umstieg von Diesel auf Benzin? Auch nicht so schlimm wie ich gedacht habe. Die irischen Straßen nach einem harten Winter? Ein echtes Abenteuer.
Erstmal die Beschilderung. Es gibt drei Arten von Hinweisschildern: Solche die sich in einem Wald von Werbeanzeigen für B & B's, Sehenswürdigkeiten und Shops verstecken, solche, die einem 10 Meter hinter der Abzweigung ankündigen, wo es eigentlich langgegangen wäre und 3. die häufigste Art: Solche die nicht vorhanden sind. Mehr als einmal standen wir (nachdem wir aus dem Nirgendwo gekommen sind) an einer Kreuzung an der es in alle Richtungen in noch mehr Nirgendwo gegangen ist. Wir waren sogar so weit, dass wir nach Kompass navigiert haben. Aber die Iren sind immer gern bereit einen in die richtige Richtung zu schicken.
Dann die Geschwindigkeitsangaben. Es gibt die Tempobegrenzungen, die ungefähr so aussehen wie bei uns, nur um die Hälfte kleiner und an die sich keiner hält und Hinweise auf dem Straßenbelag, an die man sich besser halten sollte, wenn man überlegen will. Slow bedeutet, dass gleich eine Brücke kommt, über die nur einer passt, eine Kurve, die etwas gemein ist oder eine versteckte Ausfahrt. Very slow ist etwas anspruchsvoller und verbindet zwei bis drei Schikanen. Dead slow (ohne Witz, das steht da wirklich!) ist die Königsdisziplin für Wagemutige. Wir sind nur zwei oder dreimal an solchen 45°-Steigungen-mit-Serpentinen-und-Gegenverkehr-bei-der-Gefahr-von-Schafen-auf-der-Straße vorbeigekommen. Zum Glück.
Wovor einen niemand warnt sind die Schlaglöcher, die eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit sind. Schon rein nach physikalischen Gesetzmäßigkeiten müssten sich diese Dinger ab einer bestimmten Tiefe eigentlich von alleine wieder füllen oder zumindest verbreitern, aber sie werden einfach nur tiefer und tiefer. In die kleinen kann man bis zum Knöchel reinsteigen, wie tief die größten runtergehen konnte noch nicht ermittelt werden ...
Besonders schöne Exemplare gibt es beim Ring of Kerry.
Die irische Behörde, die für Straßenschilder verantwortlich ist, scheint übrigens eine besondere Liebe zu Enten zu haben, denn überall wo eine besonders schöne Strecke oder Landschaft angekündigt ist, wurde auch eine Ente abgebildet.
5. Station: Craggaunowen Project
Es ist zwar nicht einfach hin- und wieder wegzufinden, aber der kleine Themenpark lohnt sich, denn hier findet man das alte Irland im Kleinen. Echte Torffeuer, ein Wohnturm, eisenzeitliche Hütten, ein Steingrab und - was mich am meisten begeistert hat: Die Brendan. Die Brendan ist ein lederbespanntes Boot nach altem Vorbild, mit dem der gleichnamige Heilige anno dazumal nach Amerika gesegelt sein soll. Um zu testen, ob das wirklich geht, hat Tim Severin das Boot einfach nachgebaut und ist losgesegelt - und sogar heil angekommen. Respekt! Wahrscheinlich war das in den 1970'ern einfach in Mode, obwohl, Thor Heyerdahl ist in seiner Kon-Tiki schon 47 losgesegelt.
6. Station: Cliffs of Moher
Gut, irgendwann musste es ja so kommen: 8 Euro Gebühr für den Parkplatz, nur um sich ein paar Steine anzuschauen. Gut, in Cork kann man bis zu 20 Euro am Tag für einen Parkplatz zahlen, also ist das wahrscheinlich in Ordnung. Außerdem bekommt man endlich mal andere Touristen zu Gesicht und muss sich nicht fragen, ob man nicht irgendwas schrecklich falsch gemacht hat, als man seine Reise nach Irland gebucht hat. Nein, alles o.k. und obwohl Irland jetzt nicht sooo groß ist, verlaufen sich die Touristengruppen ganz gut in der Weite.
7. Station: Viecher
Klar, in Irland gibt es Schafe und Kühe, das kennt man. Es gibt dort keine Schlangen, das weiß man auch, aber an einem der Strände (inklusive weißem Strand und Palmen !) haben wir tatsächlich einen Hai gesehen. D.h. seine Rücken- und Schwanzflossen, die immer wieder aus den Wellen hervorgekommen sind. Außerdem gibt es neben Tauben und Möven auch jede Menge Dohlen und Kamikaze-Schwalben. Mehr als einmal ist mir so ein Viech bis knapp vor den Kühlergrill geflogen, hat sich da wahrscheinlich ein paar zermatschte Käfer runtergepickt und ist dann weiter ... Die Schafe in den Burren sind auch nicht viel besser. Nur schwerfälliger ...
8. Station: Famine Memorial Day.
Mein Highlight in Irland waren die Feierlichkeiten zum Famine Memorial Day am Fuße des Croagh Patrick, dem heiligen Berg der Iren. Gut, von den gälischen Ansprachen habe ich nicht so viel verstanden, aber als dann ein Kinderchor "Isle of hope, isle of tears" gesungen hat, und einige der Anwesenden mit eingestimmt haben, da war das schon irgendwie berührend.
9. Station: Sehenswürdigkeiten
Genug geschwafelt. Beim Rest sagen Bilder eh mehr als Worte und wenn ihr nicht selbst dort gewesen seid, dann wird's Zeit ^__^.
Rundturm. Rock of Cashel
Die Burren
Dolmen bei Caherconnel
Carrick a Rede
Dunluce Castle
Newgrange
"Die Orgel". Giant's Causeway
Ach so: Ihr solltet eure eigene Klobürste mitnehmen. In irischen Hotels scheint es keine zu geben ...
Und wer es nicht nach Irland schafft, hier ein Filmtipp:
Oh, man, ich will da HIN! Jaul!! Deine Postkarte (danke dafür) hat mich schon total neidisch gemacht. Irland. AAAAAAAAAHHHHHHHH!
AntwortenLöschenDanke für den schönen Bericht, der macht natürlich noch mehr Lust auf die Insel.
(Aber Kerrygold kommt btw hier vom Niederrhein *g*)